Die Zuckeralkohole Xylit und Erythrit
Die beliebtesten Zuckerersatzstoffe

Ganz ohne Süß geht nicht? Die Welt der Zuckerersatzstoffe

Zuckerfrei leben, das hört sich für viele erst einmal nach endlosem Verzicht an, nach fadem Essen und dessertlosem Dasein. Für diesen Zweck jedoch wurden Zuckerersatzstoffe entwickelt, die es in Drogerien und Supermärkten zu kaufen gibt. Sie haben eine ähnliche oder deutlich stärkere Süßkraft als Zucker, beeinflussen den Blutzuckerspiegel nicht oder kaum und können wie Zucker zum Backen, Glasieren, Karamellisieren oder zum Süßen von Getränken verwendet werden.

Wir stellen hier Xylit und Erythrit, die beiden populärsten und in der Low Carb Küche am meisten eingesetzten Zuckeralkohole, vor und beschreiben Vor- und Nachteile, Anwendungsgebiete und Risiken.

Was sind Zuckeralkohole?

Zuckeralkohole haben nichts mit dem uns bekannten Trinkalkohol gemein. Sie sind Kohlenhydrate, die jedoch nur zu einem geringen Grad verdaut werden können, was bedeutet, dass sie keinen oder nur geringen Einfluss auf unseren Blutzuckerspiegel haben, da sie nicht oder nur sehr gering zu Glucose aufgespalten werden und nur zu einem kleinen Teil oder gar nicht als Blutzucker in unser Blut gelangen.

Man kann deshalb bei manchen Zuckeralkoholen von einer sog. „insulinunabhängigen Verstoffwechslung“ sprechen. Insulin wird ausgeschüttet, wenn Glucose den Blutzuckerspiegel anhebt – und Insulin hat die Aufgabe, das zu viel an Glucose aus dem Blut weg hin zu den Zellen zu transportieren – also den Blutzuckerspiegel zu senken. Es erscheint nur logisch, dass beispielsweise Erythrit, das gar keine anrechenbaren Kohlenhydrate enthält, auch keinerlei Einfluss auf den Blutzuckerspiegel hat. Es existieren jedoch auch Stimmen, die behaupten, auch diese Produkte könnten das Insulin locken. Dies ist jedoch umstritten.

Andere Namen für Zuckeralkohole sind auch „Polyole“ oder „mehrwertige Alkohole“. Manche Menschen, die neu sind im Thema kohlenhydratarmer Ernährung sind verwirrt über die Angaben auf Verpackungen zuckerfreier Produkte.

Dort werden nämlich zunächst alle Kohlenhydrate angegeben, auch wenn diese für den Körper insulinunabhängig verstoffwechselt werden. So wird auf einer Packung Zartbitterschokolade mit Xylit beispielsweise ein Kohlenhydratgehalt von 29 g auf 100 g angegeben, was für eine Low Carb-Ernährung exorbitant hoch wäre. Rund 23 g davon sind jedoch sogenannte „Mehrwertige Alkohole“, also Kohlenhydrate, die für unseren Körper nicht verwertbar sind und vernachlässigt werden können. Rechnen muss man also mit nur 6 g Kohlenhydraten auf 100 g, den sogenannten „Netcarbs“ – diese werden von unserem Körper in Glucose aufgespalten.
Nährwertangaben Mehrwertige Alkohole auf einer Low Carb  Schokolade
Nährwertangaben Mehrwertige Alkohole auf einer Low Carb Schokolade

Was hat es mit Insulin auf sich?

Insulin ist ein lebenswichtiges Hormon, das in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird. Es hat verschiedene Aufgaben, unter anderem die Regulierung des Blutzuckerspiegels. Ist dieser zu hoch, "befreit" Insulin das Blut von Zucker und verräumt diesen in die Zellen. 
Das Problem: Werden dauerhaft kohlenhydratreiche Speisen verzehrt, wird ständig Insulin ausgeschüttet und gefordert, um den Blutzuckerspiegel zu senken.
Dies kann auf Dauer zu einer sog. Insulinresistenz der Zellen führen, was bedeutet, dass sie zunehmend schlechter auf Insulin ansprechen – dies stellt eine Vorstufe des Diabetes Typ 2 dar. Ein zweites Problem: Insulin wird nicht umsonst als Fettspeicherhormon bezeichnet. Solange eine gewisse Menge Insulin im Blut vorhanden ist, wird Zucker in Körperfett gewandelt und gespeichert und die Fettverbrennung verhindert.
Manche Zuckeralkohole wie Xylit werden von uns im Gegensatz zu Süßstoffen verdaut und resorbiert, wenn auch nur zu einem geringen Grad, weshalb sie eine gewisse Menge Kalorien enthalten.

Zuckeralkohole kommen auch natürlicherweise in Pflanzen vor, die, die wir im Supermarkt kaufen können sind aber keineswegs natürliche Produkte. Xylit, Erythrit und Co. werden industriell hergestellt und sind hoch raffiniert. Sie enthalten quasi keinerlei für den Körper in irgendeiner Form wertvollen Nährstoffe.

Xylit bzw. „Birkenzucker“

Xylit schmeckt Zucker am ähnlichsten und hat quasi die gleiche Süßkraft, in Rezepten kann Zucker also 1:1 mit Xylit ersetzt werden.
Xylit hat um die 240 Kalorien auf 100 g und wird entweder aus Baumrinde oder aus Maiskolben hergestellt. Hierin liegen auch die großen Preisunterschiede begründet, die es zwischen einzelnen Xylitprodukten gibt. Die Qualität des Ausgangsmaterials bestimmt letztendlich den Preis des Produkts, auch wenn die chemische Zusammensetzung von Xylit letztendlich natürlich gleich ist. Die E-Nummer von Xylit ist E 967.

Die hochpreisigeren Produkte sind aus Birkenrinde oder Buchenrinde hergestellt. Premiumprodukte kommen oft direkt aus Finnland. Dies wird dann meist als „Finnischer Birkenzucker“ o. ä. bezeichnet.

Günstiger sind Produkte aus Maisfasern erhältlich. Diese gibt es in normaler und Bioqualität. Für Xylit darf auch gentechnisch veränderter Mais verwendet werden, wer dies vermeiden möchte, sollte zum Bioprodukt oder den Rindenprodukten greifen.

Insgesamt ist Xylit deutlich teurer als Zucker, es gibt jedoch zunehmend auch Hersteller, die verhältnismäßig günstig verkaufen. So kann man beispielsweise 4,5 KG Xylit aus nicht gentechnisch verändertem Mais produziert in Frankreich bereits für knapp 40 Euro erstehen. Im Vergleich mit Zucker ist dies natürlich trotzdem ein starker Preisunterschied.

Xylit gibt es in unterschiedlichsten Körnungsgraden, also grob aber auch sehr fein. Es kann leicht mit einer Küchenmaschine zu pudrig feinem Pulver vermahlen werden, was sich für kalte Süßspeisen oder als Puderzuckerersatz gut eignet.

Xylit hat einen geringen Einfluss auf den Blutzuckerspiegel

Manche Menschen bemerken beim Verzehr von Xylit einen leicht kühlenden Effekt, dieser ist jedoch nur recht schwach ausgeprägt.
Als Nebenwirkung kann es häufig, vor allem zu Beginn, zu Durchfall oder Blähungen kommen. Wer also neu im Bereich der Zuckeralkohole ist, sollte erst einmal kleinere Mengen testen. Viele vertragen Xylit problemlos, manche haben gewisse Schwierigkeiten.
Mit der Zeit kann Xylit aber zunehmend besser vertragen werden, so dass man möglicherweise einfach etwas Geduld haben muss.

Xylit hat einen geringen Einfluss auf den Blutzuckerspiegel – wer also sehr empfindlich auf Kohlenhydrate reagiert, sollte lieber zu Erythrit greifen. Auch Menschen, die sich dauerhaft in Ketose befinden, könnten diese durch den Verzehr von größeren Mengen Xylit gefährden. Rund ein Drittel des verzehrten Xylits kann zu Glucose umgewandelt werden, geringe Mengen Insulin werden also ausgeschüttet.

Es ist für alle Anwendungsgebiete geeignet, für die auch Zucker verwendet werden kann. Auf keinen Fall darf es an Haustiere verfüttert werden, da diese durch den Konsum bereits kleiner Mengen Xylit sterben können. Auch Menschen mit Fruktoseintoleranz müssen aufpassen: Denn Xylit kann hier in einigen Fällen ähnliche Symptome wie Fruktose auslösen.

Der Platzhirsch unter den Herstellern ist unbestritten die Marke „Xucker“, jedoch gibt es zunehmend Unternehmen, die Konkurrenz machen.

Erythrit bzw. „Erythritol“, „Xucker light“ oder „Sukrin“

Erythrit hat keinerlei Kalorien und keinen Einfluss auf den Blutzuckerspiegel – wer also absolut auf Nummer Sicher gehen möchte und sehr empfindlich auf Kohlenhydrate reagiert, sollte Erythrit verwenden. Für Menschen, die sich ketogen ernähren und nur sehr wenig Kohlenhydrate zu sich nehmen, ist Erythrit die bessere Wahl.

Leider schmeckt dieses nicht ganz so zuckerähnlich wie Xylit, einige Menschen tun sich deshalb etwas schwer, Erythrit zu verwenden. Es wird durch Fermentation von Glucose, meist aus Mais oder Weizen, hergestellt und wird von vielen Menschen besser vertragen als Xylit. Es hat die E-Nummer E968.

Erythrit ist nicht ganz so süß wie Zucker, es besitzt etwa 70% der Süßkraft, für Rezepte muss also gewichtmäßig mehr Erythrit als Zucker verwendet werden, wenn man die gleiche Süßkraft erreichen möchte. 100 g Zucker entsprechen etwa 120 bis 130 g Erythrit.
Zum Backen und Kochen eignet sich Erythrit am besten, wenn man es mit einer Küchenmaschine fein zu „Pudererythrit“, also dem Pendant zu Puderzucker, verarbeitet, da es beim Auskühlen leicht kristallisiert. Für Marmeladenherstellung eignet sich Erythrit daher nicht, hier sollte Xylit verwendet werden.

Bei der Herstellung von Teigen sollte Erythrit nicht mehr als ein Viertel des Gesamtgewichts ausmachen, der Rest sollte durch Xylit ergänzt werden. Auch kann Erythrit mit Xylit im Verhältnis 1:1 gut gemischt werden.
Es löst sich nicht ganz so gut auf wie Xylit, hier muss bei kalten Speisen individuell getestet werden.

Erythrit wird zu rund 90% vom Körper unverändert wieder ausgeschieden, der Rest wird wie Ballaststoffe verwertet.

Die Verwendung von Zuckeralkoholen bei Low Carb High Fat

Wer auf eine kohlenhydratarme, zuckerfreie Ernährung umsteigt, ist sehr dankbar für die Möglichkeiten, die Zuckerersatzstoffe bieten. So muss auf kein Dessert, kein gesüßtes Getränk oder süßen Quark morgens verzichtet werden. Hierin liegt jedoch gleichzeitig die Gefahr.
Low Carb High Fat ist eine Ernährungsweise, die möglichst ohne künstliche Zusatzstoffe auskommen möchte – also so wenig wie möglich E-Nummern und nährstoffarme Zutaten, die für den Körper keinen Mehrwert haben. Wer jahrelang sehr zuckerreich gegessen hat, hat einen gewissen Gewöhnungseffekt erreicht und empfindet möglicherweise sogar frische Erdbeeren oder Himbeeren ungezuckert als nicht süß genug. Dies ist ein bekannter Effekt: Süßes muss immer süßer schmecken, da sich der Körper schnell an die Süße gewöhnt.

Zuckerersatzstoffe bei Low Carb High Fat bewusst und in Maßen einsetzen

Dies ist ein Nebeneffekt unserer ungesunden Ernährungsweise, und mit Low Carb High Fat soll der Mensch wieder lernen, möglichst natürliche, möglichst industriell unverarbeitete, nährstoffreiche Lebensmittel zu essen. Dies ist das Prinzip des sogenannten „Clean Eating“. Es ist nämlich durchaus möglich sich kohlenhydratarm und dennoch „ungesund“ zu ernähren.

Wenn morgens Low Carb Brot mit Käse oder Low Carb Waffeln mit süßer Sahne, mittags Low Carb Nudeln aus dem Onlineshop und abends wieder Low Carb Brot, süße Teilchen oder Low Carb Pizzateig verzehrt werden, wird das Prinzip, das Low Carb High Fat zu einer so wertvollen Ernährungsweise macht, nur halb umgesetzt. Denn wichtig ist nicht nur, was ich nicht esse, sondern auch, was ich esse.

Low Carb High Fat basiert auf reichlich gesunden Fetten, die einen großen Teil der verzehrten Kalorien ausmachen sollen, aus viel kohlenhydratarmem Gemüse, aus Fleisch, Fisch, Eiern und in geringerem Anteil aus Milchprodukten, Nüssen und Obst. Auch Desserts und Schokolade sollen ihren Platz in dieser Ernährungsweise haben, aber sie sollten genauso wie in einer „normalen“ Vollwertkosternährungsweise nicht täglich in größeren Mengen verzehrt werden.

Low Carb High Fat hat viele positive Einflüsse auf den Menschen und seine Gesundheit – wenn sie richtig angewandt wird. Reizdarmpatienten beispielsweise haben oft Probleme mit Zuckeralkoholen. Diese sollten sie die erste Zeit am besten komplett meiden und erst nachdem sie eine deutliche, langanhaltende Verbesserung erfahren haben, nach und nach vorsichtig testen.

Für übergewichtige Menschen sind die Zuckerersatzstoffe eine tolle Hilfe und Krücke, den neuen Ernährungsstil besser durchzuhalten. Diese sollten am besten zu Erythrit greifen und sich bewusst sein, dass ein reines Ersetzen alter Ernährungsgewonheiten durch „Low Carb Nachbauten“ nicht das Ziel ist und auf Dauer nicht zum Erfolg führen kann

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